Pu der Bär

11. FEB. 2024 I 1001kinderbuch

Autor: Alan Alexander Milne; Illustration: Ernest H. Shepard; Übersetzung: Harry Rowohlt; Verlag: Dressler (Oetinger); Altersempfehlung: ab sechs Jahre; Erscheinungsjahr: 1926; Jahr der Ausgabe: 2009; Seiten: 336 Seiten; Einband: gebundenes Buch; erhältlich bei Amazon, Genialokal und Orell Füssli (affiliate Links)

„Pu der Bär“ ist ein so lustiges wie gewitztes wie intelligentes Kinderbuch, das Kinder wie Erwachsene gleichermaßen verzaubert.

In „Pu der Bär“ (engl. Originaltitel: Winnie-the-Pooh) wird die Geschichte der Tiere des Hundert-Morgen-Waldes erzählt: Pu, der liebevolle und dichtende Teddybär, Ferkel, das kleine Schweinchen, welches so gerne mutig sein möchte, es aber nicht ist, Kaninchen, der pragmatische wie effiziente Bote und Organisator, I-Aah, der melancholische wie tiefsinnige Esel, Tigger, der energiegeladene wie begeisterungsfähige Tiger, Eule, der wissbegierige und kluge Lehrer, Känga, die mitfühle und verantwortungsvolle Kängurumutter und Ruh, ihr kleiner verspielter Sohn.

Alle diese Tiere verbindet darüber hinaus, dass sie eigentlich aus Christopher Robins Kinderzimmer stammen, eines kleinen Jungen, der oft der Held der Geschichte ist und dessen Vater die Geschichten erzählt. 

„Pu der Bär“ zeichnet vieles aus: Die Ernsthaftigkeit, mit der auch traurige Situationen erzählt werden, die Scharfsinnigkeit, mit welcher die (oft etwas konfusen) Gedankengänge aller Beteiligten analysiert werden, und das Mitgefühl, dass allen charakterlichen Schwächen der Figuren entgegengebracht wird.

„So spricht man doch nicht mit jemandem, der ‚Dienstag‘ buchstabieren kann.“

Man denkt, man liest ein Kinderbuch, genau diese Art von Unterhaltung könnte aber auch bei einem Arbeitstreffen unter ganz besonders schlauen, oder sich als schlau verstehenden Köpfen, stattfinden… Als Erwachsener kann man sich bei der Lektüre recht schnell ertappt fühlen…

Das Schöne bei Milne ist, dass er die Beteiligten nicht bloßstellt, auch wenn sie sich doch so oft lächerlich in ihren Bestrebungen und Wünschen machen. Milne zeigt, warum man sich lächerlich macht, zeigt die Ängste, die Sorgen und die Schwächen. Dadurch fangen alle an zu verstehen. Man blickt mit Mitgefühl, Hoffnung und Liebe auf die Figuren und wünscht ihnen das Beste, auch wenn man gleichzeitig sehen kann, dass der Weg, den sie gewählt haben, vielleicht nicht der beste ist…

Jede Tierfigur entwickelt so ihre eigene charakterliche Tiefe und Schärfe. 

Ferkel möchte so gerne mutig sein, schafft es aber nicht. Die Angst, dass seine Freunde dies erkennen können, lässt ihn schier verzweifeln. Und dann schafft Milne diese wunderbaren Momente, wo Ferkel mutig sein kann und andere ihn dafür bewundern. Und allen (inklusive den jungen wie alten Lesern) fällt ein Stein vom Herzen. Ferkel erinnert in seiner Angst ein wenig an den kleinen Uli aus Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“, der um allen zu beweisen, dass er doch mutig ist, aus fünf Metern Höhe auf die Eisbahn springt. Sein Lehrer Justus sagt Ulis Klassenkameraden, die niedergeschlagen sind, da sie ihn nicht vom gefährlichen Sprung abgehalten die mitfühlenden Worte, dass wahrscheinlich die Gehirnerschütterung  besser für Uli ist als die Sorge, sein Leben lang aufgrund seiner Angst für nicht „voll“ genommen zu werden. In der gleichen Schwierigkeit steckt Ferkel und wie der kleine Uli hat er ganz tolle Freunde, die ihn auffangen.

I-Aah ist eine ganz besondere Figur, da in ihr schon früh (Erstausgabe 1926) in einem Kinderbuch das Thema der Depression oder Melancholik thematisiert wird. Jede Figur nimmt sich seiner anders an. Manche belehren, geben Tipps, andere hören zu. Aber allen ist klar, dass I-Aah dazugehört, auch wenn er die Abenteuer seiner Freunde oft mit abgeklärter Skepsis betrachtet.

Milne hat mit Ernest H. Shepard einen Illustrator gefunden, der es schafft, den Witz und die Klugheit des Textes feinsinnig und emphatisch aufzunehmen. Seine Illustrationen sind in ihrer Kreativität und ihrem feinen Mitgefühl wie in Bilder gewordene Worte Milnes, so kongenial bereichern sich die beiden Künstler.

„Pu der Bär“ ist ein ganz mitfühlendes, feinsinniges und kluges Kinderbuch, das viel Moral enthält, weil man viel über (menschliches) Handeln lernt ohne moralisch zu sein. 2026 wird es seinen 100. Geburtstag feiern. Es ist schier unglaublich, wie Milne und Shepard es geschafft haben, ein Kinderbuch zu schreiben, welches mit einer solchen Leichtigkeit und Anmut zu seinen damaligen wie heutigen Lesern spricht, dass es aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

A.A. Milnes „Pu der Bär“ ist erhältlich bei Amazon, Genialokal und Orell Füssli (affiliate Links).

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